Chair of Biochemistry

Tiefer Blick ins Totholz

10.02.2020

Totholz spielt für die Biodiversität in Wäldern eine wichtige Rolle. Die Ökologische Station der Uni Würzburg und der Forstbetrieb Ebrach erforschen es in einer Kooperation, die jetzt mit rund 500.000 Euro gefördert wird.

Sebastian Vogel, Doktorand an der Ökologischen Station, entnimmt Totholzproben für die genetische Bestimmung von Pilzen und Bakterien.
Sebastian Vogel, Doktorand an der Ökologischen Station, entnimmt Totholzproben für die genetische Bestimmung von Pilzen und Bakterien. (Bild: Elisa Stengel / Universität Würzburg)

Waldsterben 2.0 – dieser Begriff hat in Deutschland die Runde gemacht. Gemeint ist damit das Absterben unterschiedlichster Baumarten in Folge des Rekordsommers 2019 mit Hitze, Trockenheit und Borkenkäferbefall.

„Doch das Absterben der Bäume hat nicht nur Schlechtes, denn in deutschen Wäldern sind viele Insekten und Pilze auf Totholz angewiesen. Und davon gibt es an vielen Orten noch immer viel weniger als im natürlichen Durchschnitt“, sagt der Biologe Dr. Simon Thorn von der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Für die Biodiversität im Wald sei Totholz sehr wichtig.

Naturschutz und Wirtschaftlichkeit vereinen

Von welchen Baumarten ist Totholz nötig und unter welchen Bedingungen sollte es liegen, damit die Biodiversität in Wäldern möglichst stark gefördert wird? Darüber weiß man laut Thorn bislang nur wenig. Damit sich das ändert, haben der Staatliche Forstbetrieb Ebrach und die Ökologische Station der JMU im Steigerwald im Jahr 2015 ein Forschungsprojekt initiiert.

Der Forstbetrieb Ebrach versucht, Totholz gezielt anzureichern und dadurch Holzkäfer und Pilze zu schützen. Diese Naturschutzmaßnahmen sind allerdings mit deutlichen Einnahmeausfällen verbunden. „Wir möchten den Naturschutz optimal betreiben, dass er sich so gut wie möglich mit der Wirtschaftlichkeit vereinen lässt“, sagt Ulrich Mergner, Leiter des Forstbetriebs.

Experiment im Ebracher Forst

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde vor fünf Jahren ein Experiment gestartet. Die Forstleute legten jeweils sechs Stämme von sechs unterschiedlichen Baumarten entweder in der Sonne, im Schatten oder unter einer künstlichen Beschattung aus. „Für uns war das eine großartige und unkomplizierte Möglichkeit, eine spannende wissenschaftliche Frage zu untersuchen“, sagt Thorn, der die wissenschaftliche Betreuung des Experiments an der Ökologischen Station der JMU koordiniert.

In den ersten drei Jahren zeigte sich, dass vor allem in besonntem Totholz viele seltene Arten vorkommen. Es gibt aber trotzdem auch zahlreiche Arten, die sich bevorzugt in beschatteten Stämmen ansiedeln. Doktorand Sebastian Vogel fasst die Ergebnisse derzeit zusammen; seine Arbeit wird von der Deutschen Bundesumweltstiftung finanziert.

Halbe Million Euro eingeworben

„Um das Projekt weiterzuentwickeln und die ökologischen Mechanismen zu verstehen, die die Unterschiede zwischen Licht und Schatten verursachen, müssen wir noch tiefer in die Details gehen. Dazu brauchen wir Geld“, erklärt Simon Thorn. Und dieses Geld – rund eine halbe Million Euro – hat er nun bei der Bauer- und der Stemmler-Stiftung sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingeworben.

„Forschungsgelder sind hart umkämpft und werden besonders dann vergeben, wenn bereits gute Vorarbeiten geleistet wurden. Das haben wir nur dank der Unterstützung durch den Forstbetrieb geschafft“, so der Projektleiter. „Durch diese Finanzierung können wir erstmals auch Bakterien und mikroskopisch kleine Pilze untersuchen, die sich im Totholz entwickeln. Viele dieser Arten sind für das Auge nicht sichtbar, spielen aber eine entscheidende Rolle bei der Zersetzung von Totholz.“

Das Totholz-Projekt im Ebracher Forst kann nun bis 2023 weitergeführt werden. Darüber freut sich auch Forstbetriebsleiter Mergner: „Natur- und Artenschutz ist für uns keine Eintagsfliege. Deshalb sind wir froh, dass wir langfristige Untersuchungsergebnisse erwarten dürfen.“

Kontakt

Dr. Simon Thorn, Ökologische Station der Universität Würzburg, T +49 931 31-83057, simon.thorn@uni-wuerzburg.de

Von Robert Emmerich

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