Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie

Ameisen sichern die Kakaoernte

10.12.2013

Sind Ameisenvölker dafür verantwortlich, wenn in Kakaoplantagen in Indonesien der Ertrag sinkt – oder steigern sie die Ernte? Diese Frage war bislang ungeklärt. Jetzt haben Agrarökologen der Universitäten Göttingen und Würzburg eine Antwort gefunden. Verkürzt gesagt, heißt sie: Es kommt darauf an.

Dolichoderus-Ameisen mit Schmierläusen (Pseudococcus) auf einer Kakaofrucht (Foto: Arno Wielgoss)

Ameisen sind in den Tropen mit sehr vielen Arten allgegenwärtig – auch in der Landwirtschaft. Welchen Einfluss Ameisen auf die Kakaoernte in Indonesien ausüben, haben Agrarökologen der Universitäten Göttingen, Würzburg und Lund zusammen mit indonesischen Partnern untersucht. Sie hat vor allem die Frage interessiert, ob die Tiere einen schädlichen oder einen nützlichen Einfluss auf die Ernte haben. Das Ergebnis: „Wir konnten zeigen, dass Ameisen auf den Kakaoertrag sowohl schädliche wie auch nützliche Auswirkungen ausüben, insgesamt aber die positiven Effekte überwiegen. Eine artenreiche Ameisengesellschaft sichert 27 bis 34 Prozent des Kakaoertrags“, erklärt Dr. Arno Wielgoss.

 

Schädlicher und nützlicher Einfluss

Wielgoss hat an der Universität Würzburg Biologie studiert; schon in seiner Diplomarbeit hat er den Einfluss von Ameisen auf die Pflanzenwelt untersucht. Nach seinem Wechsel in die Abteilung Agrarökologie der Universität Göttingen hat er das Thema in seiner Doktorarbeit vertieft und dabei weiter mit dem Lehrstuhl Zoologie III der Uni Würzburg (Professor Ingolf Steffan-Dewenter) zusammengearbeitet. Die Ergebnisse seiner Doktorarbeit wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences veröffentlicht.

„Der Anbau von Kakao ist in vielen tropischen Schwellenländern von großer wirtschaftlicher Bedeutung“, sagt Arno Wielgoss. Allerdings werden die Kakaobäume und -früchte häufig von Schädlingen und Krankheiten befallen, was zu großen Ernte- und Qualitätsverlusten führt. In Indonesien, einem der weltweit größten Anbaugebiete von Kakao, haben Wielgoss und seine Kollegen aus Göttingen und Würzburg nun eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Ameisen stehen im Zentrum eines weitaus komplexeren Netzwerks von Interaktionen mit Schädlingen und Nützlingen der Kakaopflanzen als zuvor angenommen.

„Ameisen können als natürliche Gegenspieler von Schädlingen und durch die indirekte Förderung der Bestäubung wichtige Ökosystemdienstleistungen erbringen“, erklärt Wielgoss. Weil sie aber auch Pflanzenkrankheiten übertragen und den Schädlingsbefall fördern, sind Ameisen indirekt auch dafür verantwortlich, wenn der Ernteertrag sinkt. Unklar war bisher, welcher dieser gegenteiligen Effekte überwiegt.

Die Zusammensetzung ist wichtig

Diese Frage ist jetzt geklärt: „Es kommt auf die Zusammensetzung der Ameisenvölker an“, erklärt Wielgoss. Seine umfangreichen Felduntersuchungen und Laborexperimente zeigen, dass mit natürlich vorkommenden, artenreichen Ameisengemeinschaften auf den Kakaobäumen die Ernte um 27 Prozent höher ausfällt im Vergleich zu Kakaobäumen, von denen Ameisen ausgeschlossen wurden.

Darüber hinaus zeigten die Untersuchungen: Wenn eine Ameisengesellschaft von einer einzigen Art zahlenmäßig dominiert wird, kommt es sehr auf die Eigenschaften dieser Art an, ob der Effekt auf die Ernte positiv oder negativ ist. „So hat beispielsweise die einheimische schwarze Kakaoameise einen ähnlichen Nutzen wie eine artenreiche Ameisenfauna, während die Invasion einer exotischen Ameise die Ernte um 34 Prozent verringert“, so Wielgoss.
Komplexes Wechselspiel aus Schaden und Nutzen

Einige Beispiele für das komplexe Wechselspiel aus Schaden und Nutzen hat Wielgoss in seiner Doktorarbeit detailliert erläutert. So fördern Dolichoderus-Ameisen die für die Pflanzen schädlichen Schmierläuse, mit denen sie auf Kakaofrüchten zusammenleben. Durch die erhöhte Ameisenaktivität werden jedoch andere Schädlinge abgeschreckt, was im Endeffekt einen positiven Einfluss auf die Kakaoernte hat.

Eindeutig negativ ist hingegen der Einfluss der Ameisenart Philidris cf. cordata. Das Material, das sie verwendet, um ihre Nester an Kakaofrüchten zu bauen, ist hochgradig mit Sporen der verheerenden Pflanzenkrankheit Phytophtora palmivora verseucht. Unter anderem dadurch verringert sich nach einer Philidris-Invasion die Ernte um beinahe ein Drittel.

Artenreichtum puffert negative Auswirkungen ab

Kompliziert können auch die Interaktionen der Ameisengemeinschaften untereinander sein. So gibt es beispielsweise Konflikte zwischen der Weberameise Oecophylla smaragdina und der schwarzen Spinnerameise Paratrechina longicornis. Ein hoher Artenreichtum in der Kakaoplantage puffert jedoch etwaige negative Auswirkungen einzelner Arten ab, insgesamt überwiegen die positiven Ökosystemdienstleistungen.

Alles in Allem zeige die Studie, dass es nicht ausreicht, einzelne Effekte der diversen Organismen in Agrarökosystemen herauszupicken, um zu bewerten, ob die Art schädlich oder nützlich ist. „Man muss die gesamte Lebensgemeinschaft und das gesamte System im Auge behalten, um den endgültigen Einfluss auf die die Gesamternte berechnen zu können", so die Wissenschaftler.

Wielgoss AC, Tscharntke T, Rumede A, Fiala B, Seidel H, Saleh S, Clough Y (2013); “Interaction complexity matters: Disentangling services and disservices of ant communities driving yield in tropical agroecosystems”. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences. online publication date: 04.12.2013

Kontakt
Dr. Arno Wielgoss, T: (0931) 31-81088  arno.wielgoss@uni-wuerzburg.de

Dr. Yann Clough, Centre for Environmental and Climate Research, Lund University, T: +4646-222 68 31, Yann.Clough@cec.lu.se


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