Biozentrum der Universität Würzburg

Das Paradoxon der glänzenden Blumen

09.12.2022

Dr. Casper van der Kooi ist als Humboldt-Stipendiat zu Gast an der Universität Würzburg. Ein Jahr lang wird er am Lehrstuhl für Zoologie II die Farbentricks bestimmter Blumen erforschen.

Manche Blumen erzeugen einen hellen Lichtblitz, wenn man sie aus einer bestimmten Richtung betrachtet. Casper van der Kooi erforscht, wie Bienen oder Hummeln dieses Licht wahrnehmen.
Manche Blumen erzeugen einen hellen Lichtblitz, wenn man sie aus einer bestimmten Richtung betrachtet. Casper van der Kooi erforscht, wie Bienen oder Hummeln dieses Licht wahrnehmen. (Bild: privat)

Rot, gelb, violett, blau: Die Natur bietet eine verblüffende Vielfalt an Blütenfarben. Der Sinn hinter dieser Vielfalt ist klar: Diese Farben haben sich entwickelt, um Bestäuberinsekten anzulocken, die für die Fortpflanzung der Pflanzen unerlässlich sind. Dabei ist die überwiegende Mehrheit der Blütenfarben matt – soll heißen: Die Farbe dieser Blumen ist aus jedem Blickwinkel gleich.

„Interessanterweise haben jedoch zahlreiche Pflanzenarten Blüten entwickelt, die ein glänzendes Aussehen haben. Ein typisches westeuropäisches Beispiel ist die Hahnenfußblüte, aber es gibt auch glänzende Orchideen und Tulpen“, erklärt Dr. Casper van der Kooi. Der Biologe ist seit Kurzem als Stipendiat der Alexander-von-Humboldt-Stiftung an der Universität Würzburg. Ausgestattet mit einem Forschungsstipendium für erfahrene Forschende wird er in den kommenden zwölf Monaten am Lehrstuhl von Professor Wolfgang Rössler gemeinsam mit Dr. Johannes Spaethe untersuchen, wie dieser Glanz die Sichtbarkeit eine Blüte für Insekten beeinflusst.

Ein Lichtblitz, der verwirren kann

„Glänzende Blumen erzeugen einen hellen Lichtpuls, wenn man sie aus einem bestimmten Winkel betrachtet“, erklärt Van der Kooi. Für den Menschen sei dieser Blitzeffekt deutlich wahrnehmbar; bislang unklar ist, ob auch Insekten diesen Blitz wahrnehmen können – schließlich unterscheidet sich ihr Sehsystem von dem des Menschen. „Die Tatsache, dass zahlreiche Pflanzen unabhängig voneinander glänzende Blüten entwickelt haben, deutet darauf hin, dass es unter bestimmten Bedingungen vorteilhaft ist, glänzend zu sein“, sagt der Biologe. Wann und wie das der Fall ist, sei bisher aber noch nicht im Detail untersucht.

Van der Kooi und Spaethe wollen deshalb in den nächsten Monaten untersuchen, wie der Glanz die Sichtbarkeit einer Blüte für Insekten beeinflusst. In einer Reihe von Verhaltensexperimenten werden die beiden erforschen, ob und wie Hummeln diesen Effekt wahrnehmen. Ihre Hypothese ist, dass der Blinkeffekt aus der Ferne die Sichtbarkeit einer Blume erhöht, vergleichbar mit einem Leuchtturm, dessen Lichtstrahl auch aus großer Entfernung zu sehen ist. Allerdings vermuten sie auch, dass der Blinkeffekt auf kurze Distanz die Bienen blenden und verwirren kann.

Grundlegende Einblicke in die Blütensignalgebung

Seit seiner Studienzeit interessiert sich Van der Kooi dafür, wie Blumen ihre Farben bekommen und wie sich diese Farben in den Augen der Bestäuber entwickelt haben. Er hat bereits mehrere Arbeiten über die optischen Eigenschaften von Blumen veröffentlicht, aber mit diesem Humboldt-Projekt kann er noch einen Schritt weiter gehen. „In meiner Zeit an der Universität Würzburg will ich Erfahrungen dazu sammeln, wie man mit Verhaltensexperimenten untersuchen kann, wie visuelle Signale eine Reaktion bei Insekten auslösen und wie die Signale vom artspezifischen sensorischen System wahrgenommen und verarbeitet werden“. Die Arbeit am Blütenglanz reize ihn besonders, denn schon während seines Studiums habe er die optischen Eigenschaften von Hahnenfußblüten untersucht.

Die Ergebnisse des Projekts werden nach Ansicht der beiden Biologen „grundlegende Einblicke in die Blütensignalgebung“ liefern. Danach werde es möglich sein zu verstehen, wie Bienen nützliche Informationen aus der komplexen natürlichen Welt wahrnehmen und wie sie auf dynamische Farbsignale reagieren, hoffen die beiden. Darüber hinaus werden diese Ergebnisse Grundlage für künftige Arbeiten in verschiedenen Bereichen sein – sowohl in der Grundlagen- als auch in der angewandten Forschung, etwa im Bereich der Pflanzenzucht und der Landwirtschaft.

Zur Person

Dr. Casper van der Kooi hat von 2008 bis 2012 Biologie (Bachelor) an der Universität Groningen (Niederlande) studiert. 2014 schloss er das Masterstudium in “Ecology and Evolutionary Biology” ab, 2015 wurde er mit einer Arbeit im Bereich der Computational Physics und Pflanzenphysiologie promoviert. Von 2014 bis 2018 forschte er an der Universität Lausanne (Schweiz). Seit 2018 ist Van der Kooi Leiter einer Forschungsgruppe an der Universität Groningen.

Kontakt

Dr. Casper van der Kooi, Lehrstuhl für Verhaltensphysiologie und Soziobiologie, c.j.van.der.kooi@rug.nl

Links

Beitrag über die optischen Eigenschaften von Hahnenfußblüten

Aufsatz in "Science" von Casper van der Kooi und Kollegen über den Ursprung der Blumen und der Bestäubung

Weitere Bilder

Von Dr. Casper von der Kooi / Gunnar Bartsch

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