Institut für Humangenetik

Hörstörungen NGS

Hörstörungen

Laut WHO sind etwa 360 Millionen Menschen weltweit von einer Hörstörung betroffen (Koffler et al., 2015). Hörstörungen (HS) gehören zu den häufigsten angeborenen Krankheitsbildern, können sich aber auch noch im späteren Alter manifestieren (Lebeko et al., 2015, Sloan-Heggen et al., 2016). Bei 50-70% von HS wird eine genetische Ursache vermutet. 30% der erblichen HS sind mit weiteren Symptomen (Sehstörungen, Herzrhythmusstörungen, etc.) assoziiert und man spricht deshalb von syndromalen HS (von denen es mindestens 400 klinisch unterschiedliche Formen gibt). Die meisten angeborenen HS (70%) sind nicht-syndromal, d.h. es liegt nur eine Hörstörung ohne weitere Symptome vor. Nicht-syndromale HS werden anhand des Vererbungsmusters in verschiedene Kategorien eingeordnet. Dabei sind autosomal-rezessive HS für 80% und autosomal-dominante für 20% der Fälle verantwortlich. Selten liegt ein X-chromosomaler oder mitochondrialer Erbgang vor. Bisher konnten über 140 spezifische Regionen im menschlichen Genom und über 100 Gene mit HS verknüpft werden.

Aufgrund dieser enormen genetischen Heterogenität gestalten sich diagnostische Untersuchungen mit klassischen Sequenzierungsmethoden (Einzelgen-Sequenzierung nach Sanger) schwierig und die meisten Fälle blieben bisher ungeklärt.

Die gleichzeitige (parallele) Sequenzierung mehrerer oder sogar aller Gene durch Next Generation Sequencing (NGS) ermöglicht die Identifizierung von krankheitsverursachenden Varianten in allen bekannten HS-Genen in einer einzigen Analyse, sowie die Identifizierung neuer noch nicht mit HS assoziierter Gene. Da mit NGS bei jeder Person eine Vielzahl von Genvarianten detektiert werden, ist es oft schwierig krankheitsverursachende von harmlosen Veränderungen zu unterscheiden. Bei der Analyse größerer Gen-Panels ist es oft  hilfreich, weitere Familienangehörige (meist Eltern oder Geschwister) einzubeziehen. Durch NGS werden schnellere Ergebnisse zu einem Bruchteil der Kosten erzielt. Aktuelle Untersuchungen lösen 40-50% aller Fälle, d.h. die Hälfte aller Hörstörungsgene sind bisher noch nicht identifiziert worden.

Für die Diagnostik wurden spezielle Panels zur Analyse der genetisch bedingten Hörstörung erstellt, die je nach Bedarf und mit Rücksprache angepasst werden können.

Im Folgenden werden autosomal rezessive, dominante und individuelle Panel-Konfigurationen vorgestellt.

Name E-Mail
Michaela Hofrichter michaela.hofrichter@uni-wuerzburg.de