Lehrstuhl für Zell- und Entwicklungsbiologie

DZVT

Deutsches Zentrum für die sektorübergreifende Bekämpfung Vernachlässigter Tropenerkrankungen

Implementationsforschung gegen Vernachlässigte Tropenerkrankungen

ZEIT FÜR AKTION - KEINE ZEIT MEHR FÜR RHETORIK.

Es besteht Konsens darüber, dass die mangelhafte Gesundheitsversorgung in verschiedenen Regionen der Welt der besonderen Aufmerksamkeit bedarf, weil die betroffenen Gesellschaften nicht in der Lage sind, alleine die anstehenden Herausforderungen zu lösen. Tatsächlich haben Organisationen wie die WHO aber schon immer für ein globales Gesundheitskonzept plädiert. Ein besonders problematischer Bereich der globalen Gesundheit sind die armutsassoziierten, vernachlässigten Tropenerkrankungen oder “neglected tropical diseases” (NTDs). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) klassifiziert derzeit 20 vernachlässigte Tropenkrankheiten. Obwohl 1.9 Milliarden Menschen von NTDs bedroht sind, kennt kaum jemand diese Seuchen, da sie keine apokalyptischen Bilder liefern wie Ebola (eigentlich auch eine NTD, aber nicht als solche definiert) und entsprechend keine breite Presse haben. Die NTDs sind da, wo die Armut am drückendsten ist, und das ist oft dort, wo Krieg und Vertreibung herrschen. NTDs sind ein globales Problem. Vernachlässigte Tropenerkrankungen sind ein Hemmschuh für die Entwicklung in dutzenden von Staaten in Afrika, Südamerika und Asien. Für viele der 20 von der WHO gelisteten NTDs gibt es weder gute Diagnostik noch ausreichende Therapie. Und selbst bei Erkrankungen, die eigentlich leicht heilbar sind, sind die Erfolge marginal, da es nach wie vor an erfolgreicher Implementation fehlt. Dieses augenscheinliche Paradoxon offenbart die komplexe Problematik der NTDs. Das ist der Dreh- und Angelpunkt unseres Vorhabens und die Motivation, das “Deutsche Zentrum für die sektorübergreifende Bekämpfung Vernachlässigter Tropenerkrankungen” (DZVT) zu gründen.

KERNTHESEN DES DZVT - Paritätische Zusammenarbeit führt zum Ziel

  1. NTDs sind kein allein medizinisches Problem.
  2. Multisektoralität ist nicht gleichzusetzen mit akademischer Interdisziplinarität.
  3. Zivilgesellschaftliche Aktion und Erfahrung sind im Kampf gegen NTDs essentiell.
  4. Grundlegende und angewandte Forschung sowie implementierende NRO sollten sich begleiten und in ihren Aktivitäten gegenseitig unterstützen.
  5. Bessere Kooperation und Koordination innerhalb der relevanten Sektoren (vertikal) ist dringend von Nöten.
  6. Nur eine gute horizontalen Verknüpfung der verschiedenen Sektoren (z.B. WASH, Tiergesundheit, Ernährung, Bildung, etc.) führen zu nachhaltigen Ergebnissen bei der Bekämpfung der NTDs.
  7. Eine paritätische Zusammenarbeit auf Augenhöhe benötigt keine groß angelegten, neuen Strukturen, sondern nur den Willen zur Aktion auf allen Ebenen.
  8. Würzburg verfügt in überraschender Weise über die Breite unterschiedlicher Akteure, die benötigt werden, um den sektorübergreifenden Kampf aufzunehmen. Würzburg hat eine überschaubare Größe und im DZVT eng vernetzte sowie schlagkräftige Strukturen, und kann deshalb als Kristallisationspunkt für unseren innovativen Ansatz dienen.

Wir sind überzeugt davon, dass eine organisierte, flexible Partnerschaft auf Augenhöhe von Akademie und Implementation für beide Seiten von großem Vorteil ist. Die „Probleme“ der NRO können große „Chancen“ für die Forschung bergen. Wir postulieren Implementationsforschung unter Einbeziehung der relevanten Sektoren als role model für „Global Health 4.0“. Wir schaffen eine vertikale Vernetzung der Akteure Akademie und Implementierung im Gesundheitssektor UND eine horizontale Vernetzung derselben Struktur mit den relevanten Sektoren, die entscheidend zur Bekämpfung der NTDs notwendig sind. Genau damit ergänzt das DZVT andere Initiativen im Bereich Global Health in Deutschland und bietet exklusiv die Perspektive für eine nachhaltige, sektorübergreifende und erfolgreiche Bekämpfung der NTDs durch eine Kooperation aller Akteure.  In der einzigartigen Weise, wie das DZVT akademisches und praktisches Implementierungswissen in Deutschland und in den betroffenen Ländern im Bereich der vernachlässigten Tropenkrankheiten zusammenführt und partnerschaftlich ständig erweitert, bietet es unschätzbare Hilfe und Expertise für die Politik, die Wissenschaft, die Verantwortlichen in den betroffenen Ländern, die implementierenden Organisationen und letztendlich die von NTDs betroffenen Menschen.

Start in Würzburg - DAS SIND DIE PARTNER

Markus Engstler ist Initiator und Gründungsmitglied des DZVT. Er spricht für die Julius-Maximilians-Universität Würzburg und die Deutsche Gesellschaft für Parasitologie. Mit der JMU hat Würzburg eine große und renommierte Volluniversität, die alle grundlegenden akademischen Disziplinen inkl. Lebenswissenschaften und Medizin abdeckt. Die FHWS als Hochschule für Angewandten Wissenschaften bietet eine sehr breite Palette technologischer und praxisbezogener Erfahrungen. Mit der Klinik für Tropenmedizin in der KWM Missioklinik verfügt Würzburg über eine weitere medizinische Einrichtung von internationalem Ruf. Sant’Egidio ist eine global agierende katholische NRO , die sich seit über 50 Jahren für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt einsetzt. Sant’Egidio verfügt über langjährige Erfahrungen im Kampf gegen HIV/AIDS, Tuberkulose, nicht-übertragbare Erkrankungen, Unterernährung u.a. in Afrika. Das Missionsärztliche Institut der katholischen Kirche ist weltweit sichtbar, und hat sich als Hilfsorganisation seit Jahrzehnten dem Kampf gegen NTDs verschrieben. Mit der DAHW Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe e. V. hat eine global agierende NRO ihren Sitz in Würzburg, die seit über 60 Jahren Erfahrung im Kampf gegen Lepra und andere NTDs hat. Die Deutsche Gesellschaft für Parasitologie (DGP), Gründungsmitglied des DZVT, ist eine Wissenschaftsvereinigung, in der über 500 Parasitologinnen und Parasitologen organisiert sind, unter ihnen namhafte Experten zu den Parasitosen unter den NTDs. Zwei Vorstandsmitglieder forschen in Würzburg. Die JMU Würzburg hat keine veterinärmedizinische Fakultät. Deshalb setzen wir auf eine enge Zusammenarbeit mit den Tierärzten ohne Grenzen (VSF). Diese Organisation setzt sich besonders dafür ein, die Lebensbedingungen von Menschen in Ostafrika zu verbessern, deren Lebensgrundlage von der Nutztierhaltung abhängt. Es besteht ein oft übersehener, aber zentral wichtiger Zusammenhang von NTDs, die oft Zoonosen sind, und dem engen Zusammenleben von Mensch und Tier.